Wo betet mein Nachbar? Die WZ stellt in loser Reihenfolge Menschen vor, deren Alltag vom Glauben bestimmt wird.
Wilhelmshaven - HH, WHV, CUX, HB und FRI - rund um die Kirche Stella Maris in Voslapp stehen die Seitenstraßen voll mit Autos. Sie kommen aus dem gesamten Nordwesten. Drinnen riecht es nach Weihrauch. Auf den Kirchenbänken sitzen Männer und Frauen. Kinder flitzen durch die Reihen. Alle haben dunkle Haare und braune Augen. Manche Frauen tragen ein Tuch über dem Kopf. Es ist ein Gottesdienst der koptisch-orthodoxen Gemeinde. Und die Haare gelten als die Krone der Frau. Aus Respekt vor dem großen König, nämlich Gott, verdeckt die Frau in der Kirche ihre Krone.
Der Priester, ein Mann mit Vollbart, in langem Gewand und mit Käppchen aus dem gleichen Stoff auf dem Kopf, trägt in arabischem Singsang das Evangelium vor. Seine Worte werden auf einer Leinwand synchron übersetzt: arabisch, koptisch und deutsch.
Zur Gemeinde gehören Ägypter (Kopten), Syrer, Jordanier und Iraker. Sie alle vereint die arabische Sprache und der christlich-orthodoxe Glaube, für den viele in ihrer Heimat angefeindet werden. „Seit das Militär Präsident Mursi entmachtet hat, wurden in Ägypten 120 Kirchen verbrannt“, erzählt Amal Belamon. Sie und ihr Mann sind die Gemeindeältesten. „Fanatiker haben einen Arzt aus meiner Familie entführt und Lösegeld erpresst“, berichtet Khela Elias Belamon.
Amal Belamon: „In Ägypten geben die Anhänger der Muslimbruderschaft jetzt den Kopten die Schuld am Eingreifen des Militärs. Deshalb werden Christen enteignet und verfolgt. Viele sind über Nacht obdachlos geworden.“„1400 Jahre leben wir zusammen. Erst seit 40 Jahren wird der Fanatismus zum Problem“, beobachtet seine Frau. Auslöser sei der Krieg der Sowjetunion gegen Afghanistan gewesen. Seitdem hätten Muslime den Heiligen Krieg ausgerufen. Der Einmarsch der Amerikaner im Irak habe alles nur noch schlimmer gemacht. „Viele orthodoxe Christen sind aus dem Irak nach Syrien geflüchtet“, erzählt die Ägypterin. Seit dem Bürgerkrieg in Syrien spitzt sich die Lage weiter zu.
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