Nach dem Angriff auf die Büros der französischen Satire-Zeitschrift Charlie Hebdo in Paris hat ein Mitglied eines Dschihad-Internetforums mit Verbindungen zu ISIS eine erstaunliche Erklärung verfasst, warum gerade Frankreich als Angriffsziel ausgewählt worden war. Wie in der Gedankenwelt des Dschihad üblich, spielt die islamische Geschichte eine wichtige Rolle: “Frankreich war einst ein Teil des islamischen Landes, und es wird wieder islamisch werden.”
Tatsächlich rufen globale dschihadistische Organisationen bereits seit Jahren auf, Al-Andalus — das ist der arabische Name für Spanien, für die Teile der iberischen Halbinsel, die von den Muslimen von 711 bis 1492 besetzt waren — wieder zu erobern. Im vergangenen Sommer brachten ISIS-Mitglieder ein Video heraus, in dem sie die “Befreiung” von Al-Andalus forderten.
Aber oft wird vergessen, dass kurz nach der Eroberung Spaniens eine arabische Armee die Pyrenäen überquerte und jene Gebiete besetzte, die heute Teil Frankreichs sind. Nach der Eroberung von Bordeaux trat im Jahr 732 eine fränkische Armee unter der Leitung von Karl Martell dieser islamischen Armee in den Weg und besiegte sie in der Schlacht von Tours — nur 200 Meilen vor Paris.
Doch selbst nach dieser historischen Schlacht hörten die arabischen Armeen nicht auf, französisches Territorium zu besetzen. Sie erreichten Lyons, und es drohte die Besatzung der gesamten Provence. Tatsächlich blieben bis zum Jahr 759 Teilgebiete Frankreichs unter islamischer Herrschaft, als Narbonne, die Hauptbasis der arabischen Besatzungsarmeen fiel.
Ob die Angriffe in Frankreich durch historische Erinnerungen motiviert wurden oder nicht, in jedem Fall haben die mit dem globalen Dschihad-Netzwerk verbundenen Organisationen ein gemeinsames Ziel: Sie wollen unbedingt die Gebiete, die einst unter islamischer Herrschaft standen, wieder unter ihre Kontrolle bringen. Kein geringerer als der Gründer der muslimischen Bruderschaft, Hassan Al-Banna, hat dies zur Aufgabe gemacht: “Andalusien, Sizilien, die Balkanstaaten, Süditalien und die römischen Inseln (Korsika, Sardinien) waren islamische Länder, die wieder zum Heimatland des Islam heimkehren sollen; das Mittelmeer und das Rote Meer sollten ebenfalls wieder zum islamischen Imperium heimkehren.”
Al-Bannas Schriften werden bis zum heutigen Tag von den meisten islamischen Bewegungen verehrt und sind im Internet in arabischer und englischer Sprache nachzulesen.
Die gegenwärtige ideologische Ausrichtung der Muslimbruderschaft verdeutlichen die Aussagen von Scheich Yusuf Qaradawi, der seinen Stützpunkt in Katar hat. Quaradawi, der vielen als höchste geistige Autorität der muslimischen Bruderschaft gilt, sagte 2007 im Fernsehen des Staates Katar: “Ich gehe davon aus, dass der Islam Europa erobern wird, ohne dass es nötig ist, auf das Schwert oder Schlachten zurückzugreifen. Das wird mittels der Da’wa (Werbung zum Übertritt zum Islam) und der Ideologie geschehen.” Er erwähnte auch geographische Orte: “Die Eroberung Roms — die Eroberung Italiens, und Europas — das bedeutet, der Islam wird wieder nach Europa zurückkehren.”
Qaradawi, der eine wöchentliche Fernsehsendung auf Al Jazeera hatte, ist Patron einer Einrichtung der muslimischen Bruderschaft in einem französischen Chateau, in dem Islamisten die Imame für Europa ausbilden. Tausende junger Muslime sind dort gewesen. Kurz gesagt, die Ideen Qaradawis haben viele Verbreitungswege.
Noch andere Organisationen verbreiten Qaradawis Erklärungen. Die Hamas, die der palästinensische Zweig der muslimischen Bruderschaft ist, gab ähnliche Statements heraus. Der Scheich Younus al-Astal, dem im obersten religiösen Rat der Hamas eine führende Rolle zukommt, hielt 2008 eine Predigt, die im Hamas Fernsehen ausgestrahlt wurde: “Sehr bald wird Rom erobert werden, genauso wie einst Konstantinopel, wie von unserem Propheten Mohammed prophezeit.”
Er sprach weiter davon, dass die “islamischen Eroberungen… das gesamte Europa betreffen werden”, und auch darüber hinaus reichen werden.
Auch Dabiq, eine Zeitschrift, die von ISIS herausgegeben wird, befasst sich mit der Eroberung Roms. Die Zeitschrift hatte kürzlich ein Bild vom St. Petersplatz in Rom als Titelbild, wobei durch Photomontage eine ISIS Flagge auf dem Obelisken im Zentrum des Platzes wehte. Die Zeitschrift zitiert eine Aussage des Gründers der Al-Kaida im Irak, Abu Musab al-Zarqawi: “Wir kämpfen hier, während Rom unser Ziel ist.” Bevor er den Aufstand im Irak gegen die Vereinigten Staaten und deren Verbündete leitete, gründete Zarqawi ein terroristisches Netzwerk auf europäischen Boden.
Recep Tayyip Erdogans Türkei hat sich unter der herrschenden AKP Partei ebenfalls den Plan zu Eigen gemacht, verlorenes islamisches Land wieder zu erobern. Im Jahr 2004 sandte ein Beamter des US-Außenministeriums eine Depesche nach Washington, in dem er warnte, dass bei einer Veranstaltung der wichtigsten “Denkfabrik” der AKP der Plan angesprochen wurde, dass es die Rolle der Türkei sei, den Islam in Europa zu verbreiten, und “die Niederlage bei der Belagerung Wiens 1683 zu rächen.” Die Depesche verband einen hochrangigen türkischen Politiker mit dieser Aussage. Sie wurde durch WikiLeaks öffentlich gemacht.
Alle diese Aussagen lehren uns, dass praktisch alle diese islamischen Führer sich selbst in einem Kampf der Zivilisationen gegen den Westen sehen. Aus Gründen der politischen Korrektheit wollen viele im Westen die Auseinandersetzung nicht in dieser Weise darstellen, sie weigern sich, die Bedrohung durch den radikalen Islam zu diskutieren. Sie klammern sich auch an den verfehlten Gedanken, dass die muslimische Bruderschaft zum Verbündeten gegen Al-Kaida und deren Verbündete gewonnen werden kann.
Dem amerikanischen Journal National Review wurden die Emails eines Al Jazeera Produzenten zugespielt, in denen dieser sich zu den Terrorangriffen in Frankreich äußert. Die Zeitschrift veröffentlichte die Emails am 9. Januar. Der Al Jazeera Produzent wollte verhindern, dass sein Fernsehsender zugab, dass das Motiv der Angriffe in Paris die aggressive islamistische Ideologie war, stattdessen wollte er der westlichen Politik die Verantwortung geben. Wir eine solche Haltung weithin akzeptiert, dann würde dies die westlichen politischen Führer daran hindern, effektive Entscheidungen zu treffen. Was bislang auch weitgehend der Fall war. Es ist daher keine Überraschung, dass Al Jazeera, dessen Hauptquartier sich in Katar befindet, korrekterweise als der Satellitenkanal der muslimischen Bruderschaft beschrieben wird.
Im Gegensatz dazu weigerte sich Ghassan Charbel, der Herausgeber von Al Hayat, der führenden Zeitung der arabischen Welt, die Angriffe in Paris als einen Einzelfall herunterzuspielen: “Niemand kann weiterhin die Größenordnung des Problems und das Ausmass der Bedrohung missachten.”
Entgegen der politischen Korrektheit vieler Hauptstädte der Welt, sagte er mutig die Wahrheit über das, was geschehen war: “Es ist klar, dass der Angriff in Paris nur der Eröffnungsschuss eines globalen Kriegs ist, den die islamischen Extremisten gegen den Westen und den Rest der Welt führen werden.” Er hatte keine Bedenken, auszusprechen, dass das Problem die Drohung des radikalen Islam ist. Bis der Westen soweit ist, diese Warnung zu begreifen vor dem, was ihm bevorsteht, ist leider mit einer neuen Angriffswelle zu rechnen. Dies ist nur eine Frage der Zeit.
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